Donnerstag, 29. Mai 2014

Abschied

Nachdem ich schon seit einem Monat wieder zurück bin, komm ich jetzt endlich mal dazu, über den Abschied von Oiartzun zu berichten.
In der ersten Woche der Osterferien ist meine Familie mich abholen gekommen, sodass die Woche vor den Osterferien mehr oder weniger meine letzte war ... ich war dann zwar noch eine Woche da, aber es waren Ferien.
Angefangen hat die Woche des Abschieds im montäglichen Konversationskurs, wo ich Kuchen mitgebracht und mir alle alles Gute gewünscht haben. Es war ein seltsames Gefühl, weil die Leute aus diesem Kurs diejenigen sind, die ich am wahrscheinlichsten nie mehr sehen werde ... sie sind alle 35+ und haben kein Facebook und so eng war der Kontakt (außer mit Marus, bei der ich mal eingeladen war) nicht.
Am Dienstag hab ich mich noch mal gut amüsiert bei der Vorstellung des Online-Wörterbuchs des Oiartzuer Dialekts, dem wahrscheinlich wichtigsten Teil von Anes Projekt, wo ich Leute, die ich eher selten treffe, wie Beñat, Ioritz und Haizea, mal wieder gesehen habe, und am Mittwoch hatte ich dann den nächsten Abschied im EGA-Kurs (also dem zur Vorbereitung der Prüfung für das C1-Zertifikat), wieder mit Kuchen, der in diesem sehr schleckermäuligen Kurs schon so sehnsüchtig erwartet worden war, dass Jon mich ihn schon zwei Wochen vorher hatte mitbringen lassen wollen. Mit den Leuten aus diesem Kurs (fast alle um die zwanzig) bin ich immerhin mit fast allen bei Facebook befreundet, sodass ein gewisser Kontakt bleibt.
Am Freitag kam dann der Abschied im Büro, der aber nach einem "Wir sehen uns auf jeden Fall noch" von Ane nicht sehr groß ausfiel. In Kuadrillategi am Nachmittag drehte Alazne unter dem Vorwand, heimlich rauchende Ausreißer aufzuspüren, eine Runde mit mir und als wir zurückkamen, waren alle Jugendlichen versammelt, Irati spielte Akkordeon, Aitzol Tamburin und alle sangen mir die Verse, die die Betreuer wohl bei ihrem letzten Treffen gedichtet hatten. Danach gab es Knabberzeug, Kekse, Cola und Fanta.
Als die Jugendlichen so langsam alle abgeholt waren, fing etwas an, bei dem die Beteiligten ein außerordentliches schauspielerisches Talent bewiesen. Es begann folgendermaßen:
Alazne: "Uff, und jetzt einfach heim, abendessen und ins Bett."
Aitzol: "Echt, also ich hätte jetzt noch Lust auf einen Kaffee auf dem Platz."
Alazne: "Hmmm, stimmt, jetzt wo dus sagts ... so ein Kaffe auf dem Platz hätte jetzt was."
Aitzol: "Ja, komm ... Silvie, würdest du auch mitkommen?"
Ich: "Ja."
Alazne: "Ja komm, es ist Silvies letzter Tag, das machen wir."
Die drei anderen Betreuerinnen wurden gefragt, ob sie auch mitkommen würden; Irati hatte ein Abendessen, aber Olatz und Iraia kamen gerne mit. Wir fuhren also zum Platz und sahen in einer der Bars am Platz, Makutso, einige Bekannte sitzen. Mich überraschte die bunte Zusammenstellung dieser Bekannten, aber ich machte mir noch keine größeren Gedanken darüber. Wahrscheinlich hatten sie irgendein Treffen oder eine Veranstaltung gehabt. Wir setzten uns in eine andere Bar, Miren, tranken etwas und unterhielten uns, bis plötzlich das Grüppchen von Makutso mit einem breiten kollektiven Grinsen auf uns zukam ... und das war dann der Moment, in dem ich endlich geahnt habe, was Sache ist.
Und tatsächlich hatten sie ein großes Abschiedsessen für mich veranstaltet ... groß sowohl was die Runde von 16 Personen anging, als auch die Zahl der Gänge. Dass am Ende jeder noch einen Nachtisch geschafft hat (wenn es auch bei vielen, wie bei mir, nur ein Jogurt war), lag nur daran, dass sich alle früher oder später bei irgendeinem Gang zurückgehalten haben.
Auch ein Abschiedsgeschenk hatten sie für mich vorbereitet: ein Foto (das einzige), auf dem fast alle Mitglieder von Ttur-ttur drauf sind. Das hatten sie im A3-Format ausgedruckt und nach dem Essen haben alle hintendrauf mit einer kleinen Botschaft unterschrieben.
Dann sind wir irgendwann gegangen und irgendjemand kam auf die Idee, mir noch einen Abschiedstanz vorzuführen, wofür sich sechs Freiwillige fanden. Danach haben sich schon die ersten verabschiedet, wir anderen haben uns noch mit einem Gin Tonic ins Miren gesetzt, bis sich gegen halb zwei auch diese Runde aufgelöst hat.
Was den Abschied leichter gemacht hat, war, dass ich ja noch eine Woche da sein würde und wir uns alle sagen konnten: "Wir sehen uns bestimmt noch mal!" Tatsächlich hab ich dann auch einen großen Teil noch mal auf dem Platz getroffen ... sogar Maria Jesus aus dem Konversationskurs, mit der ich gar nicht gerechnet hätte.
Von meinem Mitbewohner musste ich mich dann am Mittwochabend verabschieden, weil er von Donnerstag bis Montag im Urlaub war. Ein schwerer Abschied, da er für mich eine Art großer Bruder geworden war. Meine Mitbewohnerin war von Mittwoch bis Sonntagabend weg, sodass wir uns am Montagmorgen verabschiedet haben. Sie hat mit uns auf dem Platz gefrühstückt (in der Bar Kastro, der einzigen von den fünf auf und um den Platz, in der meine Eltern je waren ...) und mir noch ein unheimlich liebes Abschiedsgeschenk gegeben.
Und dann war es vorbei.
Obwohl ich mich vorher sehr auf zu Hause gefreut hatte und es durchaus schön war, wieder da zu sein, habe ich am Anfang Oiartzun schon sehr vermisst. Auch war es eine große Umstellung für mich, jetzt wieder mit fremden Leuten Deutsch zu reden ... eine ganze Weile war ich immer kurz davor, die Leute in Läden mit "Kaixo" zu begrüßen und mich mit "Agur" zu verabschieden, und ich erinnere mich an ein Mal, wo ich beim Bezahlen erst im Kopf den Preis ins Baskische übersetzt habe.
Das alles hat sich inzwischen normalisiert. Aber die Sehnsucht bleibt.

Tanz vor dem Rathaus (keine Ahnung, warum diese Bühne da war)
Foto mit Vers
... und Glückwünsche